Direktverflüssigung von Biomasse Btl

Direktverflüssigung von Biomasse zur Erzeugung flüssiger Kohlenwasserstoffe geht methodisch auf ein fast hundert Jahre altes und gut bekanntes Verfahren zur Verflüssigung von Kohle unter erhöhtem Druck in einer Wasserstoff-Atmosphäre zurück. Die unverzichtbare Rolle des Wasserstoffs wird klar, wenn man die Überführung von Biomasse in flüssige Kohlenwasserstoffe chemisch betrachtet. Getrocknetes Holz kann durch die Summenformel CH1,4O0,7, flüssiger Kraftstoff durch CH2 beschrieben werden, so dass die chemische Basis und gleichzeitig technische Herausforderung des Prozesses durch die summarische Reaktionsgleichung CH1,4O0,7 CH2 wiedergegeben wird. Die Anwesenheit von Wasserstoff dient somit formal einerseits der Anpassung des C/H-Verhältnisses des Holzes an das des flüssigen Kohlenwasserstoffs, andererseits dem Entfernen des Sauerstoffs als Wasser. Das eigentliche chemische Geschehen ist von erheblicher Komplexität, die durch solche Summenformeln nicht einmal ansatzweise wiedergegeben wird.  

Die Erzeugung von technisch nutzbaren, d. h. normgerechten Kraftstoffen kann auf verschiedenen Pfaden erfolgen:

  1. vollständige Zerlegung des Moleküls in die Elemente bzw. kleine Moleküle mittels Pyrolyse oder Vergasung und anschließende Totalsynthese neuer Verbindungen. Dieser Ansatz wird z. B. bei der Fischer-Tropsch-Synthese verfolgt.
     
  2. teilweise Zersetzung durch Pyrolyse unter Verwerfung aller nicht tauglicher Reaktionsprodukte
     
  3. Direktverflüssigung unter reduzierenden Bedingungen (d. h. Hydrierung). Dieser Ansatz geht auf die Arbeiten von Bergius zur Verflüssigung von Kohle zurück.   

Die Herausforderung, der sich jegliches Verfahren zur Direktverflüssigung stellen muss, kann durch die folgende Bruttoreaktionsgleichung beschrieben werden:  CH1,4O0,7 CH2.   Diese pauschale Beschreibung der Wandlung trockenen Holzes in flüssige Kohlenwasserstoffe ist ein Weg, den die Natur so nicht gegangen ist. Nach heutigem Wissensstand waren große Mengen maritimer Kleinstlebewesen, vor allem Algen, (und eben nicht Holz bzw. Pflanzen) Ausgangsmaterial zur Bildung von Erdöl. Diese lebten überwiegend frei schwebend als Plankton im Meerwasser; nach ihrem Absterben sanken sie zu Boden und verwesten, sofern genügend Sauerstoff vorhanden war. Fehlte der Sauerstoff, blieb jedoch die organische Substanz erhalten und bildete zusammen mit feinsten Gesteinsresten einen Faulschlamm. Hieraus entstand dann unter dem Einfluss verschiedener Faktoren (vor allem Druck) das so genannte Muttergestein. Über einen Zeitraum von 100 bis 400 Millionen Jahren bildeten sich hierin Erdöl und Erdgas. Voraussetzung waren höhere Temperaturen (optimal 65°C bis 120°C), die in tieferen Erdschichten als natürliche Wärme anzutreffen sind [Aral]. 

Prof. Dr. Frank Behrendt, Technische Universität Berlin Institut für Energietechnik
Fachgebiet Energieverfahrenstechnik und Umwandlungstechniken regenerativer Energien